Kreide-Vorkommen in Deutschland

Die Kreide umfasst den Zeitraum von etwa 145 bis 66 Millionen Jahre vor heute. Sedimente der Kreide-Zeit bedecken mehr als ein Drittel der Fläche der Bundesrepublik Deutschland. Sie repräsentieren mehrheitlich marine Ablagerungen aus einer Zeit, als der Meeresspiegel deutlich höher war. Generell besteht ein deutlicher fazieller Unterschied zwischen Sedimenten der Unterkreide, die vorwiegend aus Ton- und Sandsteinen bestehen, und denen der Oberkreide, die von Karbonaten dominiert werden. Entsprechend ihrer räumlichen Verbreitung können in Deutschland drei Regionen unterschieden werden:

  • Norddeutsche Kreide-Sedimente
  • Kreide-Sedimente in Becken am Rand der Mitteleuropäischen Insel
  • Kreide-Sedimente in den Alpen
Verbreitung der Kreide in Deutschland (nach Hiss et al. 2018)
Verbreitung der Kreide in Deutschland (nach Hiss et al. 2018)

 

Die norddeutschen Kreide-Sedimente bestehen überwiegend aus Tonen, Kalksteinen und Schreibkreide. Sie repräsentieren, mit Ausnahme von einigen kontinentalen Sedimenten der Unterkreide und der späten Oberkreide, Ablagerungen eines kühlen (borealen) Epikontinentalmeeres, das sich von Skandinavien und den Shetland-Inseln bis zum Rheinischen Schiefergebirge und Thüringen erstreckte. Südlich der norddeutschen Kreide-Verbreitung befand sich ein Festland (Mitteleuropäische Insel), das ein Liefergebiet für Sedimente war. Ein Großteil der Kreide-Sedimente lagert heute unter einer teils mehrere hundert Meter mächtigen Bedeckung aus Sedimenten des Känozoikums. Aufschlüsse an der Oberfläche treten nur begrenzt in tektonischen Hochlagen (z.B. Wiehengebirge, Emsland, nördliches Harzvorland, Thüringen), an Salzstrukturen (Raum Braunschweig-Hannover, Lägerdorf, Helgoland) oder in Form von glazialen Schuppen in Stauchmoränen auf (z.B. Insel Rügen).

 

Die Kreide-Sedimente in Becken am Rand der Mitteleuropäischen Insel (Rheinische Masse und Böhmisches Massiv) sind siliziklastisch dominiert und bestehen überwiegend aus Sand- und Tonsteinen, kalkigen Siltsteinen und Mergeln, sowie mergeligen Kalksteinen. Ihre Verbreitung ist zum einen an störungsbegrenzte Beckenstrukturen entlang des Nordrandes der deutschen Mittelgebirge gebunden, wo sie die südlichen und küstennahen Faziesräume des borealen Kreidemeeres repräsentieren (Raum Aachen, Münsterländer, Sächsisches und Nordsudetisches Kreidebecken). Des Weiteren gibt es Vorkommen südwestlich des mitteleuropäischen Festlandes im Raum Regensburg und der Oberpfalz (Danubisches Kreidebecken). Die Störungen sind meist alte Strukturen aus der Zeit der variszischen Gebirgsbildung. Deren Reaktivierung während des Jura und der Kreide führte zur Anlage kleinräumiger Becken. Die Sedimentation und Beckenfüllung erfolgte während der umfassenden Transgression im Cenomanium und des sich daran anschließenden Meeresspiegelhochstands im Turonium bis Untercampanium.

 

Kreidebecken im Umkreis des Böhmischen Massivs

(SKB = Sächsisches, OBKB = Ost-Brandenburgisches, NSKB = Nordsudetisches, ISKB = Intra-Sudetisches, OKB = Opole- und BTKB = Budějovice-Treboň-Kreidebecken). © Birgit Niebuhr 2021 (vervollständigt nach M. Fengler kreidefossilien.de/1882)

 

Die Kreide-Sedimente in den Alpen bestehen wieder überwiegend aus Kalksteinen und Tonen mit einem untergeordneten Anteil von Sandsteinen. Sie repräsentieren die unterschiedlichen Faziesräume eines warmen Ozeans vom Flachwasser bis in mehrere Tausend Meter Tiefe, der sich vom heutigen Mittelmeerraum bis in den Himalaya erstreckte (Tethys). Ein großer Teil der Ablagerungen steht mit der beginnenden tektonischen Einengung des Alpenorogens in Verbindung. Während der alpinen Gebirgsbildung wurden die sedimentären Einheiten verfaltet und überschoben. Sie befinden sich heute in den Decken des Helvetikums, Ultrahelvetikums, Pennikums und Ostalpins.